Neue Forschungsergebnisse zwingen zum Überdenken der Evolution des Affen

Zwei Studien zeigen, dass die Ausbreitung des Graslandes in Afrika, welches als Schlüssel für die Evolution der Homininen gilt, Millionen von Jahren früher stattfand als angenommen – etwa zum gleichen Zeitpunkt wie die frühesten Menschenaffen

Es wird angenommen, dass die menschliche Evolution in einer Periode wechselnden Klimas begann, als sich Savannen ausbreiteten und Wälder zurückgingen und unsere fruchtessenden Vorfahren auf der Suche nach neuen Nahrungsquellen von den Bäumen in das Grasland drängten. Frühere Forschungen haben diesen ökologischen Wandel vor etwa 10 Millionen Jahren angesetzt, aber zwei neue interdisziplinäre Studien ändern unser Verständnis dieses Prozesses.

Zwei kürzlich in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studien legen nahe, dass bereits vor 21 Millionen Jahren große Teile Ostafrikas von offenen Waldgebieten und Savannen bedeckt waren und in dieser Umgebung, die frühesten Affen einen aufrechten Gang und Zähne zum Kauen von Blättern hatten.

„Diese Beweise widersprechen dramatisch der traditionellen Ansicht über die Ursprünge der Affen – dass die Affen aufrechte Oberkörper entwickelten, um Früchte in Baumkronen zu erreichen“, schreiben die Autor:innen in einem aktuellen Essay auf The Conversation. „Stattdessen verzehrte der Morotopithecus, der früheste bekannte Affe mit aufrechter Fortbewegung, Blätter und bewohnte ein offenes Waldgebiet mit grasbewachsenen Flächen.“

Dr. Rahab Kinyanjui, Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie, war Teil des internationalen Teams, dessen Ergebnisse kürzlich veröffentlicht wurden. Durch die Untersuchung erhaltener Pflanzenüberreste (Phytolithe) in Sedimenten des frühen Miozäns konnte das Team einen Nachweis für die Anwesenheit und den Reichtum von C4-Gräsern liefern, welches die Ausbreitung von Grasland in Afrika um 10 Millionen Jahre zurückdrängen.

Diese Ergebnisse sind entscheidend, da sie eindeutig zeigen, dass die Zusammenarbeit von Experten mit unterschiedlichem Hintergrund und die Einbeziehung verschiedener wissenschaftlicher Erkenntnisse ein klares Bild vergangener Ökosysteme ergibt“, erklärt Dr. Kinyanjui, „Zusammen ergeben diese Erkenntnisse ein besseres Verständnis darüber, wie vergangene Ökosysteme die Evolution von Arten, in unserem Fall der frühen Menschenaffen, beeinflusst haben“.

Die neuen Daten widersprechen der bisherigen Annahme, dass die Ökosysteme des frühen Miozäns ausschließlich bewaldet waren, und zeigen stattdessen, dass Grasland ein wichtiger Bestandteil der Ökosysteme war, in denen sich die ersten Menschenaffen entwickelten. Die Autor:innen hoffen, dass ihre Forschungsergebnisse zu einer Überprüfung der aus diesem Zeitraum erhaltenen und gesammelten fossilen Faunengemeinschaft führen werden.

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