Jäger-Fallensteller-Sammler: Menschen in Panga ya Saidi nutzten Fernfangtechniken für Kleinwild
Forschende nutzen Überreste von tierischen Knochen aus Panga ya Saidi, einer Höhle im Südösten Kenias, um zu belegen, dass Menschen in der Mittel- und Jungsteinzeit archäologisch unsichtbare Werkzeuge wie Schlingen, Fallen und Netze verwendeten, um Kleinwild in bewaldeten Umgebungen zu fangen
Das Jungpleistozän (vor ca. 125.000 – 12.000 Jahren) ist ein entscheidender Zeitraum in der Entwicklung des menschlichen Verhaltens und Wahrnehmung. Die Erforschung dieses Zeitraums konzentriert sich häufig auf die Verbreitung der Menschen aus Afrika nach Eurasien und darüber hinaus, aber immer mehr Forschungsergebnisse geben Aufschluss über die Menschen, Kulturen und Technologien des afrikanischen Kontinents.
Eine aktuelle Studie in der Fachzeitschrift Quaternary Science Reviews stellt Vorstellungen über das Verhalten von Jägern und Sammlern der Mittel- und Jungsteinzeit infrage. Es gibt Belege, dass Wildbeuter in Panga ya Saidi regelmäßig Fernfanggeräte wie Schlingen, Fallen und Netze verwendeten, um Kleinwild aus der bewaldeten Umgebung der Stätte zu erbeuten. Die Autor:innen verknüpfen zooarchäologische Daten mit veröffentlichter ethnografischer und tierverhaltensbezogener Literatur, um das Bezugssystem, das die ostafrikanische Archäologie typischerweise dominiert, in Frage zu stellen und Fragen zur Arbeitsteilung, Beuteauswahl, Entwicklung von Techniken und kulinarischen Praktiken aufzuwerfen.
Die neue Studie widerspricht den gängigen Vorstellungen von der steinzeitlichen Subsistenz, die sich häufig auf die Großwildjagd im offenen Grasland konzentrieren. Dieses Bild, so argumentieren die Autor:innen, ist größtenteils das Ergebnis von Voreingenommenheit in der Forschung, die großen, leicht identifizierbaren Zähnen, Knochen und Hörnern den Vorzug gibt, die aus einer begrenzten Anzahl von Umgebungen in Ostafrika geborgen wurden.
Um zu diesen Schlussfolgerungen zu gelangen, analysierte ein internationales Forschungsteam tierische Überreste aus Panga ya Saidi, die bis zu den frühesten Anzeichen menschlicher Besiedlung vor 78.000 Jahren zurückreichen. Nach Ausschluss der Mikrofauna, die wahrscheinlich von anderen Raubtieren (kleinen Vögeln, Mäusen, Schlangen, usw.) hinterlassen wurde, und der Suche nach Anzeichen menschlicher Aktivitäten wie Verbrennung oder Schlachtung konnte das Team feststellen, dass die Menschen in Panga ya Saidi hauptsächlich kleine Arten der Hornträger wie Sunis, Dikdiks und Klippspringer verzehrten. Größere Tierarten wie Gnus, Büffel und Elenantilopen sind auch präsent, aber nur in Perioden, in denen die Wälder zurückgingen.
Die Fülle kleiner, scheuer und einzelgängerischer Tiere in Verbindung mit der Artenvielfalt deutet darauf hin, dass die Bewohner von Panga ya Saidi Wege entwickelt haben, um kleinere Tiere aus der Ferne zu fangen, entgegengesetzt zu der Jagd mit Speer oder Pfeil und Bogen. Mit anderen Worten: die Tiere wurden gefangen oder eingekeilt.
„Fangwerkzeuge wie Schlingen und Fallen wurden aus Materialien hergestellt, die nicht Zehntausende von Jahren überdauern. Aber durch die Analyse der zurückgelassenen Knochen und der Einbeziehung des ökologischen Umfelds des Fundorts sowie des Verhaltens der vertretenen Tierarten können wir ableiten, dass die Menschen solche Werkzeuge benutzten“, sagt Mary Prendergast, Professorin an der Rice Universität, die die Studie geleitet hat.
Darüber hinaus argumentieren die Autor:innen, dass das Fangen von Beutetieren aus der Ferne einige Vorteile mit sich bringt, die sich die Menschen in der Vergangenheit wahrscheinlich zunutze gemacht haben. Der Bau und das Aufstellen von Fallen erfordert zwar einen anfänglichen Arbeitsaufwand, ermöglicht aber später mehr Freizeit mit zuverlässigeren Erträgen als bei der Begegnungsjagd, insbesondere in der bewaldeten Umgebung von Panga ya Saidi. Außerdem können die Vorrichtungen, ob Fallen, Schlingen, Netze oder Fallgruben, von jedem Mitglied der Gruppe aufgestellt und überwacht werden – von Frauen oder Männern, Älteren oder Kindern.
„Diese Studie ebnet den Weg für zukünftige Forschungen, um die Hypothese über das Fangen aus der Ferne zu stützen oder infrage zu stellen, und wirft Fragen über die technologischen Innovationen und das soziale Leben von Menschen auf Nahrungssuche in der fernen Vergangenheit auf“, sagt Jennifer Miller, Ko-Autorin und Forscherin am Max-Planck-Institut für Geoanthropologie. „Wir hoffen, dass zukünftige Nachforschungen einen ähnlich ganzheitlichen Ansatz verfolgen und damit beginnen, die Vorurteile anzugehen, die unser bisheriges Verständnis beeinträchtigt haben.“