Sprachliche Kontinuität trotz genetischer Umwälzung    

Untersuchung alter und heutiger DNA belegt frühen kontinuierlichen Austausch im Südpazifik

27. Februar 2018

Der pazifische Inselstaat Vanuatu stellt die Wissenschaft vor faszinierende Fragen: Erst vor 3000 Jahren besiedelten Menschen der Lapita-Kultur erstmals das Archipel. Diese Menschen waren überwiegend ostasiatischer Abstammung und sprachen austronesische Sprachen. Im Erbgut der heutigen Bevölkerung Vanuatus haben sie jedoch kaum Spuren hinterlassen, vielmehr wurden ihre Gene nahezu vollständig durch Papua-Gene ersetzt, wie sie das Erbgut der Menschen auf Neu-Guinea und den umliegenden Inseln prägen. Diese Gene gelangten vor allem durch Migranten von den Inseln des Bismarck-Archipels nach Vanuatu. Die sprachliche Abstammung blieb dagegen trotz der genetischen Umwälzung erhalten und die Menschen, die heute auf Vanuatu leben, sprechen Nachfolgesprachen der ursprünglichen austronesischen Sprachen.

Eine heute in Nature Ecology & Evolution veröffentlichte neue genetische Studie beleuchtet dieses einzigartige Phänomen. Ein multidisziplinäres, internationales Forschungsteam unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte (MPI-SHH) hat hierfür alte und heutige DNA analysiert und verglichen. Die Untersuchung zeigt, dass der genetische Wandel nicht die Folge einer einzigen großen Einwanderungswelle war, sondern eines kontinuierlichen Austauschs, der viel früher begann als bisher vermutet. Der früheste Nachweis von Papua-Genen gelang bei einem Individuum, das vor 2500 Jahren auf Vanuatu lebte. Migranten von den Inseln des Bismarck-Archipels erreichten also bereits kurz nach den Menschen ostasiatischer Abstimmung Vanuatu.

Die Ergebnisse der genetischen Studie unterstützen auch ein Modell aus der historischen Linguistik. Danach überdauerte die ursprüngliche, wahrscheinlich wenig differenzierte austronesische Sprache den genetischen Wandel, wahrscheinlich weil sie den Papua-Migrantengruppen, die nach und nach Vanuatu erreichten, als Verkehrssprache diente.

Die DNA heutiger auf Vanuatu lebender Menschen wurde im Rahmen eines langfristigen linguistischen und anthropologischen Feldforschungsprojekts der Abteilung für Sprach- und Kulturevolution am MPI für Menschheitsgeschichte gesammelt. Über dieses Projekt, das in enger Kooperation mit den Kommunen auf Vanuatu und den Vanuatu Cultural Center durchgeführt wird, berichten Dr. Heidi Colleran und Dr. Adam Powell in einem Blog auf der Nature Ecology & Evolution Community website https://natureecoevocommunity.nature.com.

Nähere Details zu der Studie Language continuity despite population replacement in Remote Oceania finden Sie in unserer englischsprachigen Pressemitteilung.

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