Erste Landwirt:innen Innerasiens
Das populäre Bild von Innerasien als dem Reich der berittenen Kriegernomaden hat die wissenschaftliche Literatur fast ein Jahrhundert lang geprägt. Dabei hat es die Art der gestellten Forschungsfragen von Akademiker:innen bestimmt. Teilweise aufgrund der allgemein akzeptierten Vorstellung, dass die Menschen in diesem Teil der Welt "Nomaden" waren, waren archäobotanische Methoden weitgehend mangelhaft. Während Archäologinnen und Archäologen die landwirtschaftlichen Systeme in den alten sesshaften Agrargebieten im südlichen Zentralasien (Turkmenistan, Tadschikistan und Usbekistan) untersucht haben, die bis ins sechste Jahrtausend v. Chr. zurückreichen, wurde der Rolle der Landwirtschaft in der Wirtschaft der Menschen im östlichen Kasachstan und im westlichen China in der Vergangenheit nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Warum sollte man sich mit der Landwirtschaft befassen, wenn man bereits weiß, dass die Menschen in dieser Region Viehzüchter waren? Doch seit 2006, als die archäobotanischen Untersuchungen in Ostkasachstan zunahmen, leitet Robert Spengler das Programm "First Farmers of Inner Asia“.
Infolge dieses zunehmenden Forschungsschwerpunkts wird immer deutlicher, dass domestiziertes Getreide in der Region mindestens seit dem dritten Jahrtausend v. Chr. bekannt war und dass in der Mitte des zweiten Jahrtausends v. Chr. eine gemischte agropastorale Wirtschaft existierte. Innerasien war nicht nur der Knotenpunkt der antiken Welt, sondern auch ein Zentrum der Innovation und der kulturellen Entwicklung. In diesem Sinne trägt das Verständnis der Art und Weise der frühen Wirtschaft in der Region unmittelbar zu unserem Verständnis der Vorgeschichte der "Alten Welt" bei.