Tropische Menschheitsgeschichte

Dieses Projekt widmet sich dem Zeitpunkt und der Art menschlicher Anpassungen an die tropischen Wälder in verschiedenen Regionen weltweit. Dabei setzt es auf vier Forschungsschwerpunkte, welche das zeitliche Spektrum von Interaktionen unserer Spezies abdecken.

Über den tropischen Ursprung unserer Art

Es wurde lange angenommen, dass unsere Spezies die Tropen Afrikas bei ihrer Expansion eher vermied und stattdessen die ‚Küstenhighways‘ oder die Korridore der Grassavanne. Dieses Teilprojekt wendet Ansätze der Isotopenforschung, Zooarchäologie und Mikrobotanik an und wird primär in Südasien, Südostasien, den Neotropis von Zentralamerika und dem Amazonasbecken durchgeführt, um die frühesten Interaktionen unserer Art außerhalb der afrikanischen Tropen zu untersuchen.

Die gleichen Methoden werden auch eingesetzt, um zu untersuchen, wie sich Klima und Umwelt während der Zeit der menschlichen Besiedlung veränderten. Wenn möglich, sind wir besonders daran interessiert zu erforschen, wie sich die Anpassungen anderer Hominidenarten (z. B. Gigantopithecus, Homo erectus) im Vergleich zu denen unserer eigenen Spezies veränderten, und ob Homo sapiens eine einzigartige Fähigkeit zur Anpassung an tropische Umgebungen aufweist.

Landwirtschaft im Wald

Die Auswirkungen von moderner industrieller Landwirtschaft und Monokulturen auf die Tropenwälder führte zu der Annahme, dass Landwirtschaft innerhalb der Tropen unmöglich ist, was zu Bodenzerstörung, Rodungen und besonderer Anfälligkeit für natürlichen Gefährdungen führte. Während die sauren und hydrologisch aktiven Böden die Untersuchung der Landwirtschaft in den Tropen oft zu einer Herausforderung machten, haben sich mikrobotanische Analysen, Pflanzen-DNA und Stabil-Isotopenanalysen von Sedimenten, Pflanzen und Fauna aus archäologischen und paläoökologischen Kontexten als vielversprechend erwiesen.

Im Rahmen dieses Teilprojekts sollen diese neuartigen Methoden weiter angewandt werden, um die Ursprünge der tropischen Nahrungsmittelproduktion zu erforschen. Dazu gehören die Erforschung der Domestizierung einheimischer Tiere in der Neotropis, die Ausbreitung des Hirseanbaus und die Ursprünge des Ölpalmenanbaus in West- und Zentralafrika sowie langfristige Perspektiven der Tier- und Pflanzenhaltung in Südasien. In Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie werden die Ursprünge und die Entwicklung der menschlichen Nutzung bestimmter wichtiger Pflanzen- und Baumarten erforscht.

Historischer Städtebau in den Tropen

Die Ruinen der Maya-Stätten oder Angkor Watt verstärkten oft den Stereotyp, dass die tropischen Städte zum Verfall verdammt waren. Jedoch konnten neueste Fortschritte in der Fernerkundung, insbesondere in der LiDAR-Technik, die enorme Größe menschlicher Siedlungen in den Tropen zeigen. Diese weitreichenden Städte wurden teilweise sogar von Stadtplanern als potenzielles Vorbild für einen nachhaltigen Städtebau bezeichnet.

Dieses Teilprojekt nutzt eine der ersten, speziell für die Archäologie vorbereite, LiDAR-Einrichtung zur Fernerkundung der Tropenwälder. Die Gruppe arbeitet mit EFEO zusammen, um neue Untersuchungen über Regionen zu initiieren, wo LiDAR bisher noch nicht zum Einsatz kam (so z.B. die afrikanischen Tropen, Südostasien und die Neotropen). Mit diesem Ansatz will die Gruppe zu Ökologie, Stadtplanung, Landschaftsgeographie und Kulturerbemanagement, sowohl inner- als auch außerhalb der Tropen beitragen.

Europa in den Tropen

Angesichts der oben angedeuteten zahlreichen Beweise für die Anwesenheit des Menschen in den Tropen in der Vergangenheit stellt sich die Frage, warum wir uns diese Gebiete heute als "unberührt" vorstellen. Die Antwort liegt in den letzten 500 Jahren der europäischen Interaktion mit den tropischen Wäldern. Seit der Ankunft der Spanier im 15. Jahrhundert wurden die Tropen mit neuen Krankheiten und neuen, invasiven Formen der Besiedlung konfrontiert. Die Prozesse des Kolonialismus, des Imperialismus und des wirtschaftlichen und politischen Widerstands der Eingeborenen sind in der Neotropis zu wichtigen Forschungsgebieten geworden. Die Erfahrungen in anderen Teilen Afrikas, Asiens und des Pazifiks wurden jedoch vergleichsweise vernachlässigt.

Dieses Teilprojekt überschneidet sich mit der Arbeit des PANTROPOCENE-Projekts, um zu untersuchen, wie die Ankunft der Europäer sich auf die Gesellschaften und Wirtschaften in diesen bisher weniger untersuchten tropischen Gebieten auswirkte. Dazu gehört die Verwendung von Paläoumweltdaten, um zu untersuchen, wie sich die Bevölkerungsdichte und die wirtschaftlichen Aktivitäten in den Tropen während der Kolonialzeit veränderten. In der Zwischenzeit können Isotopenanalysen von menschlichen und tierischen Überresten zusammen mit LiDAR-Studien genutzt werden, um zu untersuchen, wie der koloniale Einfluss Ernährung, Handel und Siedlungsmuster veränderten.

 

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