Wölfe verstehen Ursache und Wirkung besser als Hunde
Studie am Wolf Science Center in Wien zeigt: Hunde scheinen Fähigkeiten zum Problemlösen verloren zu haben, als sie domestiziert wurden.
In der Studie wurden Hunde und Wölfe in einem fast identischen Umfeld verglichen. Es zeigte sich, dass Wölfe den Zusammenhang von Ursache und Wirkung besser verstehen konnten. Die Studie wurde von einem internationalen Team aus Österreich, den Niederlanden, Deutschland und dem Vereinten Königreich durchgeführt und ist in „Scientific Reports“ erschienen.
Greift man auf den heißen Herd, dann verbrennt man sich. Das Prinzip von Ursache und Wirkung lernt der Mensch schon von Kindesbeinen an. Doch auch Tiere wie der Wolf verstehen diesen Zusammenhang und das sogar besser als ihre von uns domestizierten Verwandten. Eine Studie am Wolf Science Center der Vetmeduni Vienna hat gezeigt: Meister Isegrim hat ein besser ausgeprägtes kausales Verständnis als Hunde, und er kann auch die kommunikative Hinweise von Menschen nutzen. Die Studie in Scientific Reports lässt vermuten, dass die Domestikation möglicherweise Auswirkung auf die kognitiven Fähigkeiten von Hunden hatte.
Wölfe verstehen Ursache und Wirkung, Hunde nicht
Die Wissenschaftlerinnen Michelle Lampe, von der Radboud Universität in Nijmegen (Niederlande), Zsófia Virányi von der Vetmeduni Vienna (Österreich), Juliane Bräuer vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena (Deutschland) und Juliane Kaminski von der Universität in Portsmouth (Vereintes Königreich) haben das Verhalten von 14 Hunden und 12 an den Menschen gewöhnten Wölfen in drei verschiedenen Bedingungen untersucht. In jeder Bedingung war Futter an einem von zwei möglichen Orten versteckt, das Tier wusste jedoch nicht an welchem.
Zum ersten wurde analysiert, ob die Tiere kommunikative Hinweise wie Blickbewegung, Fingerzeig oder Nicken als Hinweis auf verstecktes Futter verstehen. In der zweiten Bedingung sollten Hunde und Wölfe nur durch eine auf den richtigen Ort gerichteten Geste das Futter finden. In der dritten Bedingung mussten die Tiere erkennen, dass ein Becher mit Futter, den man schüttelt ein Geräusch erzeugt, ein leerer Becher jedoch nicht.
Beide, Hunde und Wölfe, konnten die kommunikativen Hinweise auf Futter nutzen, jedoch nicht die auf das Futter gerichteten Gesten. In der Bedingung, bei dem die Vierbeiner ohne einen anwesenden Menschen erkennen mussten, dass Futter im geschüttelten Becher ein Geräusch erzeugt, versagten nur die Hunde. „Die Wölfe zeigten in dem experimentellen Beispiel dagegen ein Verständnis für Ursache und Wirkung“, sagt Kaminski.
Wenn die Tiere gar keinen Hinweis bekamen, waren weder Wölfe noch Hunde in der Lage, selbst die Belohnung zu finden. Damit schlossen die Wissenschaftler aus, dass die Tiere das Futter mit Hilfe ihres Geruchssinns finden konnten.
Domestikation möglicher Grund
„Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass die Domestikation einen Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten unserer heutigen Hunde hatte“, sagt Bräuer. „Allerdings kann man auch nicht ausschließen, dass Wölfe mehr Forschungsdrang zeigen müssen als Haustiere. Denn Hunde sind üblicherweise darauf konditioniert, von uns Futter zu bekommen. Wölfe müssen dagegen selbst Futterquellen entdecken.“
„Unsere Studie ist insofern außergewöhnlich, dass die Wölfe und Hunde gleich aufgewachsen sind und unter denselben Bedingungen leben“, so Lampe. „Zusätzlich verglichen wir Hunde, die im Rudel leben mit ganz normalen Familienhunden.“ Deshalb konnte das Team auch den Einfluss der Domestikation unter Berücksichtigung der Lebensbedingungen untersuchen. „Das Ergebnis bei den Hunden war unabhängig von der Haltung. Dies macht unsere Studie in dieser Frage zum ersten gültigen Vergleich zwischen diesen beiden Tiergruppen“, sagt Mitautorin Virányi.
Doch auch die Reaktion der Wölfe auf die kommunikativen Hinweise in Verbindung mit dem Augenkontakt war für die Forschenden ein interessanter Anhaltspunkt, um die Domestikation des Hundes besser zu verstehen. „Das gezeigte Verhalten der Wölfe hat vermutlich die Domestikation erleichtert.“, erklärt Virányi. „Allerdings könnte die Arbeit mit sozialisierten Wölfen auch eine Auswirkung auf unser Ergebnis haben, da die Tiere den Umgang mit Menschen gewohnt sind.“