Ursprung und Verbreitung eurasischer Früchte entlang der antiken Seidenstraße durch Handel

Viele der bekanntesten Früchte unserer heutigen Küche wurden bereits vor über einem Jahrtausend in Zentralasien angebaut

14. August 2018
Analysen pflanzlicher Überreste aus einer mittelalterlichen archäologischen Stätte im Pamir-Gebirge Usbekistans haben gezeigt, dass in den Ausläufern des innerasiatischen Gebirges Früchte wie Äpfel, Pfirsiche, Aprikosen und Melonen angebaut wurden.Die archäobotanische Studie von Robert Spengler vom Jenaer Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte gehört zu den ersten systematischen Analysen mittelalterlicher Nutzpflanzen im Zentrum der alten Seidenstraße. Spengler identifizierte eine reichhaltige Sammlung von Obst- und Nusspflanzen, die zeigten, dass viele der Nutzpflanzen, die wir heute alle kennen, entlang der alten Handelswege angebaut wurden.

Die Seidenstraße war der größte Vektor für die Ausbreitung von Kulturpflanzen in der Antike – das Netz der eurasischen Karawanenstraßen verband Zentralasien mit dem Rest der Welt. Diese Routen des Austauschs funktionierten eher wie die Speichen eines Wagenrades als wie eine Fernstraße und rückten Zentralasien in den Mittelpunkt der antiken Welt. Die Debatten über die antike Seidenstraße konzentrieren sich bislang jedoch vor allem auf die Präsenz ostasiatischer Waren im Mittelmeerraum pder den umgekehrten Fall. Die vorliegende Studie, die in PLOS ONE veröffentlicht wurde, befasst sich mit archäologischen Stätten im Zentrum der transeurasischen Austauchrouten während des Mittelalters, als der kulturelle Austausch am höchsten war. Darüber hinaus konzentrierte sich die Forschung auf eine Handvoll Waren, die sich entlang dieser Handelsrouten bewegten, insbesondere Seide, Metall, Glas und Produkte der Weidewirtschaft. Historische Quellen und nun auch archäologische Daten belegen jedoch, dass im damaligen Handel auch landwirtschaftliche Güter bedeutsam waren. Vor allem höherwertige Güter, wie Früchte und Nüsse, verbreiteten sich entlang dieser Austauschrouten und trugen wahrscheinlich zu ihrer Popularität in den Küchen Europas, Asiens und Nordafrikas bei. Letztlich hilft diese Studie zu zeigen, wie die Seidenstraße unsere heutige Esskultur formte.

Unsere alltäglichen Früchte und Nüsse haben ihre Wurzeln an der Seidenstraße

Spengler analysierte erhalten gebliebene alte Samen und Pflanzenteile aus einer mittelalterlichen archäologischen Fundstätte am Fuße des Pamirgebirges im Osten Usbekistans. An der Fundstätte Tashbulak finden derzeit Ausgrabungen eines internationalen usbekisch-amerikanischen Projekt unter der Leitung von Michael Frachetti von der Washington University in St. Louis und Farhod Maksudov vom Institute for Archaeological Research, Academy of Sciences in Tashkent, Usbekistan, statt.

Die hier gefundenen pflanzlichen Überreste stellen eine der ersten systematischen Untersuchungen der Kulturen dar, die entlang der Seidenstraße angebaut wurden. In dem Artikel werden archäobotanische Daten historischen und anderen archäologischen Befunden gegenübergestellt, um den Zeitpunkt und die Verbreitungswege der Kulturpflanzen zu diskutieren. Diese Pflanzenüberreste stammen aus der Zeit vor etwa einem Jahrtausend und umfassen Apfel-, Trauben- und Melonenkerne, Pfirsich- und Aprikosenkerne sowie Walnuss- und Pistazienschalen.

Diese Studie hilft zu zeigen, dass es in dieser Zeit eine reiche und vielfältige Wirtschaft in Zentralasien gab, darunter eine breite Palette von Getreide, Hülsenfrüchten, Früchten und Nüssen. Der Standort Tashbulak liegt auf 2100 Metern über dem Meeresspiegel, oberhalb der maximalen Lage, auf der viele dieser Obstbäume angebaut werden können, was darauf hindeutet, dass die am Standort gefundenen Obstreste von niedrigeren Lagen dorthin gebracht wurden. Historische Quellen belegen die Bedeutung von frischen und getrockneten Früchten und Nüssen als Handelswaren auf Bazaren in ganz Innerasien. Diese Handelsrouten erleichterten die Verbreitung vieler unserer bekanntesten Kulturpflanzen in der Antike. Beispielsweise stammen die frühesten eindeutigen archäologischen Zeugnisse für Pfirsiche und Aprikosen aus dem Osten Chinas, aber sie waren bereits in der klassischen Zeit im Mittelmeerraum vorhanden. Auch die Trauben stammen aus dem weiteren Mittelmeerraum, aber Traubenwein war ein beliebtes Getränk in der Tang-Dynastie. Wir können jetzt sagen, dass alle diese Obstkulturen in Zentralasien vor mindestens einem Jahrtausend, wahrscheinlich sogar schon viel früher, bekannt waren. Spengler: "Die ökologisch reichen Bergtäler Innerasiens haben in den vergangenen fünf Jahrtausenden die Verbreitung vieler Kulturpflanzen begünstigt und damit die Zutaten in den Küchen Europas und Asiens geprägt".

Zentralasien ist ein bedeutender Ursprung und Verbreitungsstelle für viele wichtige Baumarten wie Äpfel und Pistazien

Spengler weist auch darauf hin, dass viele wirtschaftlich bedeutende Obstkulturen aus den Vorgebirgswäldern Ostzentralasiens stammen. Studien deuten beispielsweise darauf hin, dass ein Großteil des genetischen Materials für unsere modernen Äpfel von den Tien Shan-Wildäpfeln im Südosten Kasachstans stammt und Pistazien aus dem südlichen Zentralasien. Trotz der Bedeutung dieser Baumkulturen in der modernen Weltwirtschaft ist das wissenschaftliche Interesse an der Erforschung ihrer Herkunft und Verbreitung relativ begrenzt. Die Daten aus Tashbulak sind ein wichtiger Beitrag zu dieser Forschung. Der Artikel zeigt die Bedeutung der archäologischen Forschung in Zentralasien und unterstreicht ihre Rolle bei der Entwicklung der Kulturpflanzen in der antiken Welt.

In seinem in Kürze erscheinenden Buch "Fruits from the Sands" zeichnet Spengler die Verbreitung domestizierter Pflanzen in Zentralasien nach. In dem Buch, das im April 2019 im Handel erhältlich sein wird, sagt er: "Die Pflanzen in unseren Küchen sind heute archäologische Artefakte, und ein Teil der Geschichte für einige unserer Lieblingsfrüchte und -nüsse beginnt auf der alten Seidenstraße".

Die Ausgrabungen in Tashbulak werden mit Unterstützung der Washington University in St. Louis, der Max von Berchem Foundation und der National Geographic Society weitergeführt. In den nächsten Jahren erwartet das Forschungsteam, dass seine Untersuchungen die Art der Interaktion und des Kontakts in den Bergen Zentralasiens weiter aufklären werden. Frachetti bemerkt: "Die Erkenntnisse aus dieser archäobotanischen Studie helfen, die spannenden Facetten alter Küche mit unseren modernen Speisen zu verbinden, und verdeutlichen so die langfristigen Effekte der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Gemeinschaften und Regionen auf globaler Ebene.

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