Vorindustrielles Anthropozän in tropischen Regenwäldern

Neue Publikation im Journal Anthropocene

18. Juli 2018
Wissenschaftler der Abteilung für Archäologie am Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte sind überzeugt, dass Archäologie und die Erforschung vergangener Lebensräume entscheidend für die Bestimmung des Zeitpunktes sind, an dem unsere Spezies begann, die Erde zu dominieren.

Es wurde vorgeschlagen, dass unser Planet in eine neue Ära eingetreten ist - die des "Anthropozäns" - als unsere Spezies angefangen hat das globale Klima, die Biodiversität, die Geologie und die Kryosphäre (oder Eiskappen) zu beherrschen. In der Diskussion von Geologen und Ökologen über den tatsächlichen Zeitpunkt konzentrieren sich die meisten Argumente auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe, verbunden mit den industriellen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts oder der großen Beschleunigung der technologischen Entwicklung in den 1960er Jahren. Frühere menschliche Effekte auf Ökosysteme werden anerkannt, aber als überwiegend lokale Erscheinungen betrachtet.

Diese Sichtweise zeigt sich auch in der Umsetzung von Naturschutzmassnahmen und ökologischen Diskussionen über das Ökosystem Tropenwald, wobei umfangreiche menschliche Eingriffe oft als Ausweitung der Plantagenlandwirtschaft, des Urbanismus, des industriellen Holzeinschlags, des Bergbaus und der Viehzucht im 21. Jahrhundertverstanden werden. Da jedoch tropische Wälder mit ihrer groen Pflanzen- und Tiervielfalt, ihrer Schlüsselrolle für die Bodenstabilität und ihrer integralen Stellung bei Niederschlag und Temperaturregulierung wichtige Bestandteile des Erdsystems sind, können selbst lokale Veränderungen Auswirkungen auf den Planeten haben.

In der neu erschienenen Studie argumentieren die Wissenschaftler der Abteilungfür Archäologie unter der Leitung von Dr. Patrick Roberts, dass bestehende Modelle der vorindustriellen Auswirkungen auf tropische Wälder und damit auf Klimasysteme im weiteren Sinne unzureichend sind. Basierend auf der Evaluation von prähistorischen archäologischen Daten, argumentieren die Wissenschaftler stattdessen, dass während des Spät, vorindustriellen Holozäns, menschliche Gesellschaften in den Tropen Landnutzungs- und Rodungseinflüsse auf tropische Wälder hatten, die kontinentale und möglicherweise sogar globale Effekte in Form von Bodenerosion, veränderten Niederschlagsmengen, Saisonalität und einer Verringerung der Pflanzen- und Tiervielfalt hatten.

Diese Studie rechtfertigt jedoch nicht die gegenwärtigen menschlichen Auswirkungen auf die Tropenwälder. Stattdessen hoffen die Autoren, dass die Anerkennung archäologischer und prähistorischer Umweltdaten als kritische Informationsspeicher im Zusammenhang mit menschlich-tropischen Waldinteraktionen langfristige Perspektiven für die nachhaltige Besiedlung und Nutzung dieser bedrohten Lebensräume ermöglicht. Da im Laufe des nächsten Jahrhunderts immer mehr Mitmenschen  in tropische Wälder ziehen, wollen die Autoren zeigen, dass die Sozialwissenschaften bei der Analyse der sich wandelnden Beziehungen zwischen unserer Spezies und ihrer zunehmend globalen Umwelt von entscheidender Bedeutung sind.

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